Den Ankündigungen der Deutschen Bundesbahn zur fortschreienden Beendigung des Dampfbetriebs auf dem Netz der DB war zu entnehmen, dass mit Beginn des Sommerfahrplans 1975 eine ganze Reihe der bislang noch verbliebenen Dampflokeinsätze beendet werden würde. Also Novum kam hinzu, dass der Traktionswandel teilweise bereits im laufenden Fahrplanabschniitt vollzogen wurde. So musste der Dampfbetrieb bereits zum Jahreswechsel 1974/75 einschneidende Einbußen hinnehmenn. Die letzten Dampfloks preußischen Ursprungs (Baureihen 038, 078 und 094) wurden zum 31.12.74 ausgemustert, beim Bw Kaiserslautern wurde der 023er Plan im Januar eingestellt, das Bw Ehrang wurde durch die neu ausgelieferten 181er endgültig dampffrei, zwischen Nürnberg und Weiden/Schwandorf übernahmen 218er nahezu alle Dampflokleistungen der Baureihen 044 und 050-053.

Das Ende der 012-Einsätze zwischen Rheine und Norddeich schien also unausweichlich näherzukommen. Die Güterzugleistungen der Baureihen 042 und 043 waren allerdings nicht betroffen, die DB hatte erkannt, dass sie wohl auf die Maschinen der Baureihen 042 und 043 nicht verzichten konnte und folgerichtig diversen Maschinen dieser Baureihen im Jahr 1974 noch eine Auslaufuntersuchung im AW Braunschweig ausgeführt, um diese noch für geschätzte 3 Jahre zu ertüchtigen. Das Aw Braunschweig musste dann im folgenden Jahr die Dampflokausbesserung einstellen. Die 012er waren allerdings davon ausgenommen.

Vor diesem Hintergrund war es folgerichtig, der Emslandstrecke im Frühjahr 1975 noch einen Besuch abzustatten. Vom 20.03. bis zum Vormittag des 25.03. versuchte ich, 17jährig, wieder einmal mein Fotografenglück, unterstützt von meinem Vater, der mir dies im Rahmen einer 8-tägigen Rundfahrt durch Norddeutschland ermöglichte.

Der 012-Bestand im März 1975 umfasste noch 7 Loks: 012 055, 061, 063, 066, 075, 081 und 100. 012 080 war bereits am 09.01.1975 z-gestellt worden, sodass für den 5-tägigen Umlaufplan 7 Loks zur Verfügung standen. Vielleicht wäre diese geringe Reserve handhabbar gewesen, wenn die Maschinen nicht aufgrund ihrer bisherigen hohen Laufleistungen verschlissen gewesen wären und die Instandhaltung noch durch das AW Braunschweig unterstützt worden wäre, wie es im Vorjahr noch der Fall war.

Aber Ende März 1975 ging es für das Bw Rheine nur noch darum, die 012er über die restlichen 2 Monate bis zum Fahrplanwechsel am Laufen zu halten. Entsprechend kam es häufig zu Ausfällen, und 042er mussten vor den Reisezügen einspringen; in der Regel bemühte man sich, die 012 nur vor den Eilzügen zu ersetzen. Dies führte wiederum dazu, dass die Bespannungen täglich neu disponiert wurden und der Umlaufplan der 012 in der Realität nicht gefahren wurde. Vielfältigen Berichten zufolge sollen mit den Loks der Baureihe 042 bei diesen 012-Ersatzleistungen auch Geschwindigkeiten von 100 km/h oder noch mehr gefahren worden sein. Es mag stimmen oder nicht, technisch gesehen war dies nicht abwegig,denn das BZA Minden hatte nach entsprechenden Versuchsfahrtenin den 1950er Jahren eine Erhöhung der Höchstgeschwindigkeit auf 100 km/h für die Baureihe 41 vorgeschlagen, allerdings verbunden mit einigen Veränderungen an den Maschinen.

Bei wehselndem Wetter entstanden an 5 Tagen die folgenden Aufnahmen, die den Betrieb unter diesen Rahmenbedingungen dokumentieren.